Nepal, Everest Base Camp - Etappe 5: Taksindu La
- Kim
- 19. Nov. 2021
- 4 Min. Lesezeit
Nepal, Everest Base Camp - Etappe 5
von Junbesi zum Taksindu La
➙ 12,8km ➚ 888hm ➘ 513m
Der Wecker klingelt. Mir egal. Heute habe ich irgendwie keine Lust. Ich drehe mich nochmal um und schlafe direkt wieder tief ein. Beim dritten Versuch schaue ich verschlafen auf die Uhr und stelle fest, dass es gleich Frühstück gibt. Ok, das ist ein Argument. Ich hab immer noch leichte Kopfschmerzen und trinke ein paar große Schlucke. Hoffentlich verschwinden die bald, aber akute Symptome der Höhenkrankheit habe ich zum Glück nicht. Gut, dass wir zum Akklimatisieren den längeren Weg von Jiri aus gewählt haben. Zum Frühstück haben wir uns heute ausnahmsweise mal mehr bestellt, da es unterwegs wahrscheinlich keine Möglichkeit zum Mittagessen gibt. Wir lassen uns ewig Zeit und genießen unsere tibetanischen Brote und den Bananenpfannkuchen, den wir fair teilen.
Geplant war heute eigentlich eine Etappe von etwa 12 Kilometern und knapp 900 Höhenmetern. Da uns die letzten Tage noch etwas in den Knochen stecken, entscheiden wir uns, es heute langsamer angehen zu lassen und nur etwa 9 Kilometer bis Ringmu zu wandern. Wir brechen gegen halb 10 auf und queren das verhältnismäßig große Dorf. Auf dem Schulhof stehen einige Kinder in Reihen aufgestellt und singen. Wir queren ein verziertes Tor mit Gebetsmühlen, die ich auf dem Weg drehe - gutes Karma können wir für die nächsten Tage gebrauchen! An einer riesigen Stupa am Ortsende vorbei queren wir einen Fluss und folgen ab jetzt einem kleinen Waldweg den Hang hinauf.


Die Vegetation erinnert uns an die heimischen Wälder und das Klima ähnelt einem angenehmen Spätsommertag in Deutschland. Es ist wirklich verwunderlich, wie hier alles hochskaliert ist. Wir befinden uns grade auf knapp 3000 Höhenmetern, das Gelände ist aber mit dem auf 1000 Höhenmetern in Deutschland vergleichbar. Kein Wunder, dass das Gebiet hier von den Einheimischen die Schweiz des Himalayas genannt wird.


Langsam geht es am Hang entlang bergauf. Zur Abwechslung mal keine steilen Stufen, sodass wir relativ zügig voran kommen. Gegen Mittag findet sich dann überraschender Weise doch noch eine kleine Hütte, an der uns eine ältere Frau ein paar Nudeln mit Zwiebeln und frischen Tomaten anbrät. Es ist der perfekte Ort für eine lange Mittagspause. In der Sonne ist es schön warm und wäre da nicht diese eine blöde Wolke, dann könnten wir sogar schon einen ersten Blick auf den Everest werfen. Seine Nachbarn wirken aber auch schon riesig und total unwirklich.

Da ich endlich mal wieder guten Empfang habe, nutze ich die Zeit um ein paar Dinge für unsere weitere Reise zu erledigen. In etwa einem Monat geht es für uns für ein paar Wochen nach Indien. Den Flug und die grobe Reiseroute haben wir bereits in Kathmandu gebucht bzw. geplant. Wir möchten mit dem Zug für drei bis vier Wochen den Norden erkunden. Im Land der Könige möchten wir uns Delhi, Agra und Jaipur anschauen. Dann geht es weiter auf Tigersafari im Ranthambhore Nationalpark, nach Pushkar und Jodhpur. Abschließend wollen wir ein paar Tage auf Kamelen durch die Wüste Rajasthans reiten und endlich mal wieder im Zelt übernachten. Da die Zugtickets, insbesondere in den etwas besseren Klassen, schnell vergriffen sein sollen, versuche ich immer sobald ich Netz habe ein paar Unterkünfte und Zugtickets zu buchen. Ein ungewohntes Gefühl im Urlaub quasi schon den nächsten Urlaub zu organisieren, aber wir sind froh endlich einen Plan zu haben, wie es nach Nepal weitergeht.
Nach fast zwei Stunden machen wir uns weiter auf den Weg. Die lange Pause tat richtig gut. Es geht nur noch ein kleines Stück bergauf, dann auf einfachen Pfaden am Hang entlang. Seit langem sind wir endlich mal wieder schneller unterwegs und schaffen etwa vier Kilometer pro Stunde.

Im Tal, kurz vor unserem Etappenziel, machen wir noch eine kleine Pause und füllen unser Wasser wieder auf. Gut, dass wir so viel dabei haben. In der Regel hat jeder einen Liter in der Seitentasche und Martin nochmal eine 2 Liter Flasche als Reserve dabei. Wir queren eine Hängebrücke und steigen ein paar letzte Stufen nach Ringmu hinauf. Gleich ist’s geschafft. Wir erreichen die ersten Häuser. Das Dorf wirkt verlassen und die Hütten sind mit Vorhängeschlössern versehen. Wir steigen weiter hinauf und hoffen, dass es im eigentlichen Ortskern besser aussieht. Vonwegen. Keine Menschenseele. Das kann doch nicht wahr sein. Beim letzten Haus treffen wir endlich zwei Einheimische, die uns bestätigen, dass die Hütten hier momentan nicht bewirtschaftet sind und wir wohl oder übel noch zum Pass aufsteigen müssen. Genervt treten wir die restlichen 200 Höhenmeter für heute an, die wir uns eigentlich sparen wollten.

Dichter Nebel zieht auf und es wird kalt. Die Sonne ist schon hinter den Bergen verschwunden und wir stehen etwas unter Zeitdruck den Pass noch im Hellen zu erreichen. Wir folgen einem, wären wir nicht so schlecht drauf, wunderschönen gepflasterten Waldweg den Berg hinauf. Wir erreichen eine riesige Stupa mitten im Wald und hören unheimlich anmutende Gesänge. In Kombination mit dem Nebel ganz schön gespenstisch. Wir laufen ums Eck und beobachten einige Mönche in langen roten Kutten, die singend die neu aufgebaute Stupa einweihen, welche bei dem Erdbeben zerstört wurde. Wir beobachten sie eine Weile und steigen dann die letzten Meter bis zum Pass hinauf.



Oben, mittlerweile wieder auf über 3000 Metern, angekommen, finden wir endlich eine Bleibe. Wir kehren in einer großen Holzhütte ein. Im Gemeinschaftsraum machen wir es uns noch einige Zeit am warmen Ofen gemütlich und legen die müden Füße hoch. Das zum Thema „heute lassen wir’s ruhig angehen“. Da man sich momentan nur schlecht auf die einzeichneten Unterkünfte in unserer Karte und die Aussagen der Einheimischen verlassen kann, wollen wir morgen wieder früher aufbrechen. Wir essen noch eine große Portion Dal Bhat und stapfen müde auf unser Zimmer.

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