Nepal, Everest Base Camp - Etappe 15: Dole
- Kim
- 30. Nov. 2021
- 4 Min. Lesezeit
Nepal, Everest Base Camp - Etappe 15
von Gokyo nach Dole
➙ 12,8km ➚ 203hm ➘ 893m
Ich kann nicht schlafen. Liege jetzt seit einer Stunde wach. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals und ich habe das Gefühl keine Luft zu bekommen. Irgendwann bin ich so erschöpft, dass ich endlich wegdöse. Ich bin so froh, dass wir morgen vorerst wieder ein gutes Stück absteigen. Die Höhenluft auf fast fünftausend Metern macht mir ganz schön zu schaffen.
Der Wecker geht schon um sechs. Überraschender Weise war die Nacht garnicht so schlimm wie anfangs befürchtet. Mein Ruhepuls ist um zehn gesunken im Vergleich zur letzten Nacht. Funktioniert das also doch mit der Akklimatisierung. Beruhigend zu wissen, da unser nächstes Ziel das Everest Base Camp sein wird, was nochmal fünfhundert Meter höher liegt. Es ist eiskalt. Die Scheiben und unser Wasser sind wieder gefroren. Dennoch zwingen wir uns zügig aus dem Bett, da wir ein Zeitraffer vom See aufnehmen möchten. Haben gestern noch den Besitzer gefragt, ob wir die Kamera im Nebenzimmer bei offenem Fenster aufstellen dürfen. Da wir die einzigen Gäste sind natürlich kein Problem. Wir stellen die Kamera ein und schlüpfen schnell wieder unter die Decke, um uns wieder aufzuwärmen.

Frühstück gibts um sieben. Theoretisch. Oft dauert es länger, als am Abend bestellt. Da der Ofen schon an ist und es heute vorwiegend bergab geht haben wir aber keinen Stress und wärmen uns in Ruhe auf. Die Wärme hält leider nicht lange an, sodass das Anziehen wieder zur Qual wird. Am liebsten würde ich hier oben direkt in meinen Wanderklamotten schlafen.

Wir sind froh, dass uns die Sonne schon auf den ersten Metern aufwärmt. Endlich haben wir Glück mit dem Wetter. Wir wandern an den drei Seen zurück und der Weg zieht sich ähnlich in die Länge wie beim Aufstieg. Der Abstecher auf den Gokyo Ri gestern hat sich auf jeden Fall gelohnt. Die Berge sind zwar auch vor hier aus schön anzusehen, die Perspektive aber eine ganz andere. Schon nach einem Kilometer ziehen wir unsere Daunenjacken aus, da es in der Sonne so warm wird. Kaum zu glauben, dass nachts unser Trinkwasser gefriert und wir tagsüber im T-Shirt rumlaufen.


Nach dem Plateau folgt der etwas steilere Abstieg. Wir queren eine kleine felsige Passage, die zum Teil vereist ist. Ansonsten verläuft der Pfad recht einfach den Hang hinab bis zu einem kleinen Ort, in dem wir auf dem Hinweg eine Teepause gemacht haben.


Wir freuen uns schon auf eine Pause, aber stellen fest, dass nun alle Hütten verlassen sind. Die meisten kehren im Winter nach Kathmandu zurück, da die Bedingungen hier so rau sind. Nur noch in den größeren Orten bleiben ein paar Lodges den Winter über offen. Daher planen wir in der Mittagspause unsere Tour etwas um und streichen alle kleineren Orte raus, um auf Nummer Sicher zu gehen. Dadurch benötigen wir zwar einen Tag mehr bis zum Everest, aber irgendwie bekommen wir den schon noch verdrückt. Wir kehren in Machermo ein, dort ein wo wir schon vor ein paar Tagen übernachtet haben. Die Besitzerin erkennt und sofort und gibt uns einen Schwarzen Tee mit ein paar frischen Apfelstückchen aus. Zum Mittagessen gibts Sherpa Stew, einen Gemüseeintopf, der ein bisschen an Daheim erinnert.



Nach fast anderthalb Stunden machen wir uns wieder auf den Weg. Auf dem Hinweg war hier alles in dichten Nebel gehüllt, heute sind wir begeistert von der Aussicht und machen viele Fotos. Das Licht ist perfekt. Schon von weitem hören wir die klingelnden Glocken der Yaks. Der Besitzer der Lodge in der wir heute übernachtet haben treibt sie mit einem Pferd an. Schon auf dem Hinweg sind wir ihm hier begegnet. Bis zu unserem Etappenziel sind es noch etwa fünf Kilometer. Zum Glück kommen wir wieder etwas schneller voran und können uns beim Laufen sogar wieder unterhalten. Endlich können wir auf 4000 Metern wieder atmen, was bei unserer ersten Tour zum Annapurna Base Camp noch undenkbar war.




Gegen vier kommen wir in Dole an. Wir kehren in einer relativ großen Lodge ein. Oft ist es schön bei den Locals in kleinen Unterkünften zu schlafen, aber ab und an schätzen wir auch den Luxus einer innenliegenden Toilette und etwas besseren Isolierung der Räume. Wir sind wieder die einzigen hier und sitzen mit der Besitzerin zusammen am Ofen. Kurze Zeit später sehen wir draußen eine große Gruppe und fiebern mit, ob sie wohl hier übernachten. Jackpot. Wir freuen uns mit der Besitzerin mit, dass sie heute mal so viele Gäste hat. Die letzte Zeit war wirklich hart.


Zu früh gefreut. Es herrscht ganz schöner Trubel. Das sind wir garnicht mehr gewohnt. Alle wollen gleichzeitig etwas: laden, duschen, essen, … Normalerweise soll man pro Gruppe immer dasselbe Essen bestellen, damit der Aufwand nicht so groß ist und alle schneller satt werden. Die Russen bestellen aber alle etwas anderes, sodass die Besitzern ganz schön in Stress gerät in der Küche. Sie sind mit drei einheimischen Portern und einem Guide unterwegs, die an einem separatem Tisch sitzen. Da die Gruppe so eine Vielfalt an Essen bestellt hat, müssen ihre fleißigen Träger ewig warten bis sie dran sind. Eine richtige Zwei Klassen Gesellschaft. Kein Danke, kein Bitte, nur drängen wo das Essen denn bleibt.
Wir verbringen den ganzen Abend im warmen Speisesaal und beobachten die Russen etwas. Sie spielen lautstark Karten und es hat etwas von Klassenfahrt. Wir gehen vor ihnen um etwa halb zehn ins Bett. Wie schon befürchtet kommen sie einige Zeit später lautstark nach. Keine Rücksicht auf Verluste. Es wird getrampelt, durch die Flure gerannt, laut gerufen und Türen geknallt. Gut, dass das nicht jeden Tag so ist. Normalerweise sind wir keine Hüttenmenschen. Jetzt wissen wir wieder wieso.
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