Nepal, Everest Base Camp - Etappe 11: Phortse Thanga
- Kim
- 26. Nov. 2021
- 4 Min. Lesezeit
Nepal, Everest Base Camp - Etappe 11
von Namche Bazar nach Phortse Thanga
➙ 10,4km ➚ 691hm ➘ 526m
Die letzte Nacht lag ich stundenlang wach. Je höher man kommt, desto unruhiger schläft man, wobei sich mein Ruhepuls eigentlich noch in Grenzen hält. Gut, dass wir gestern den ganzen Tag zum Akklimatisieren hier gebliebenen sind. Mein Frühstück schaffe ich heute nicht ganz. Appetitlosigkeit, auch eine klassische Nebenwirkung der Höhe. Bevor wir losgehen gönnen wir uns die vermutlich letzte heiße Dusche, beseitigen unser Chaos und packen unsere Rucksäcke. Gegen halb zehn brechen wir auf und wandern zunächst einen großen Bogen um Namche Bazar, um nicht an Höhe zu verlieren. Man hört lautes Trommeln aus dem Dorf, aber durch den dichten Nebel kann man kaum etwas erkennen.

Zum Glück geht es zunächst nur langsam hinauf, stellenweise sogar kleine Stücke wieder bergab. Es ist so kalt, dass wir heute mit Handschuhen und Mütze laufen müssen. An einer großen Stupa machen wir eine kurze Pause. Über uns wehen vereiste Gebetsfahnen und ab und an fallen kleine Eisstücke auf uns herab. Winter is coming.

Wir folgen dem Wanderweg bis zur Kreuzung in Sanasa. Die meisten wählen den rechten und direkten Weg zum Everest Base Camp. Wir machen erst noch einen Abstecher nach Gokyo, einem über 4700m hohen Bergsee. Dort wollen wir den 500m höher gelegenen Gokyo Ri besteigen, von dem man eine der besten Blicke auf den Mount Everest haben soll. Ich hoffe ich bin bis dahin wieder fit und wir kommen gut mit der Höhe klar.


Der Wanderweg ist immer noch überraschend gut. Obwohl er am Steilhang entlang läuft, kommt durch seine Breite keine Höhenangst auf. Nach kurzer Zeit erreichen wir eine weitere kleine Kreuzung, an der uns die ersten Yaks entgegen kommen. Sie sind riesig und haben extrem dickes und langes Fell. Kein Wunder, dass auf diesen Höhen eher die robusten Yaks als Esel für den Warentransport eingesetzt werden. Ich hatte schon vor den Eseln Respekt, aber bei den Yaks muss man tatsächlich aufpassen, nicht vom Hang geschupst zu werden.



Es wird zunehmend nebliger und kälter. Wir können nur noch höchstens 20 Meter weit blicken. Wie es hier wohl ausschaut? Ob wohl schon hohe Berge zu sehen sind? Das wird auf jeden Fall eine Überraschung sollte sich der Nebel wieder verziehen. So langsam wird jeder Schritt anstrengender und die Luft dünner, sodass ich alle paar Minuten stehen bleiben muss um Luft zu holen. Durch die Kälte schmerzt es leicht in der Lunge.

Nach 600 anstrengenden Höhenmetern erreichen wir endlich Mong La. Zeit fürs Mittagessen! Drinnen treffen wir auf eine Amerikanerin samt Guide und Porter. Eine unterhaltsame Dame aus California. Wir genießen unsere Knoblauchsuppe (soll der Höhenkrankheit entgegenwirken) und beobachten vier kleine Katzenbabys die auf dem Boden herumtollen. Schnell entpuppt sich die ältere Dame als verrückte Katzenoma, unter deren Mantel es sich zwei Babys gemütlich machen. Kein Wunder, sieht wirklich kuschelig aus! Da wir nur noch etwa eine Stunde bis zu unserem Etappenziel brauchen lassen wir uns Zeit und machen uns erst nachmittags wieder auf den Weg.

Steil führt uns der Wanderweg den Pass hinab bis wir die ersten Hütten erreichen. Sieht verlassen aus. Oh nein. Nicht schon wieder. Wir hatten uns extra mehrmals erkundet, ob die Hütten momentan bewohnt sind, aber offensichtlich darf man sich da nicht allzu sehr drauf verlassen. Wir laufen noch etwa einen Kilometer weiter bis zum Fluss, an dem sich eine weitere relativ große Lodge befinden soll. Niemand da. Keine Chance.

Da es bereits in einer Stunde dunkel wird geraten wir etwas in Panik. Wir versuchen unsere Gedanken wieder zu sortieren. Was machen wir jetzt? Wir haben kein Zelt dabei und es ist schon jetzt bitterkalt. Entweder steigen wir zwei Stunden, teilweise im Dunkeln, weiter nach Dole auf oder laufen etwa eine Stunde zurück nach Phortse, was allerdings nicht auf unserer Wanderroute liegt. Wir sind uns nicht einig und beschließen nochmal den Kilometer zu den ersten Häusern zurückzugehen und sicherzustellen, dass wirklich niemand da ist. Die Hoffnung stirbt zu letzt. Das nächste Mal klopfen wir direkt überall an, egal wie verlassen es aussieht. Wir laufen zügig zurück. Moment mal, standen da vorhin nicht noch mehr Stühle draußen? Ist hier vielleicht doch jemand? Wir sehen eine Frau hinter dem Fenster und fragen sie verzweifelt nach einem Zimmer. Eigentlich ist es nur ein Restaurant, aber sie hat dennoch einen kleinen Raum für uns. Jackpot!

Wir sind unglaublich erleichtert in der Kälte und Dunkelheit nicht noch weiter wandern zu müssen. Das Zimmer hat zwar keinen Strom, es gibt keine richtige Toilette, geschweige denn fließendes Wasser, aber Hauptsache wir haben eine Bleibe vor Einbruch der Nacht. Wir kriechen sofort in unsere Schlafsäcke, aber sind vom Nebel so ausgekühlt, dass uns einfach nicht warm wird. Die Besitzerin, Sonam, lädt uns in ihre Küche ein, sodass wir uns ein wenig am Ofen aufwärmen können. Dieser wird ab hier mit getrocknetem Yakdung befeuert, da es auf dieser Höhe nur noch bedingt Feuerholz gibt. Bei einem heißen Ingwertee unterhalten wir uns den Abend über. Nach dem Abendessen fragen wir sie wo sie schläft, da die Hütte so klein ist: im Speisesaal. Sie hat uns also ihr Zimmer überlassen. Wir haben wirklich Glück gehabt hier heute übernachten zu können.
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