Nepal, Annapurna Circuit - Etappe 6: Ngadi
- Kim
- 22. Okt. 2021
- 3 Min. Lesezeit
Nepal, Annapurna Circuit - Etappe 6
von Khanegaon nach Ngadi
➙ 10,9km ➚ 280hm ➘ 470m
Die Nacht war auf jeden Fall besser als erwartet. Wir wurden (zumindest wissentlich) nicht von Spinnen, Wespen oder riesigen Grashüpfern überfallen und haben tief und fest durchgeschlafen. Es ist immer wieder verwunderlich, wie man sich beim Wandern dem Lauf der Sonne anpasst. Morgens werde ich mittlerweile automatisch wach wenn es hell wird, abends werden wir müde wenn die Sonne untergeht und gehen gern schlafen. Daheim ist es das genaue Gegenteil. Man arbeitet bis abends, geht einkaufen, kocht, schmeißt den Haushalt, hat nur noch wenige Stunden Freizeit und möchte nicht ins Bett, da dann alles wieder von vorne losgeht. Wir schätzen es sehr jetzt eine Auszeit vom Alltag zu haben. Mir wird immer mehr bewusst wie viel wichtiger mir Freizeit anstatt Geld ist.
Zum Frühstück gibt es heute zur Abwechslung mal Pfannkuchen mit Bananen. Lecker! Wir bummeln wieder ein bisschen rum und kommen erst um neun los. Bis Besisahar liegen noch etwa zwanzig Kilometer vor uns, die wir uns auf zwei gemütliche Tage aufteilen wollen. Zunächst geht es am Hang entlang etwa zweihundert Höhenmeter hinauf. Wir sind froh, dass wir gestern nicht noch weiter gewandert sind. Da die Sonne hier schon um halb sechs untergeht hätten wir vielleicht etwas Zeitdruck gehabt. In Bahundanda überlegen wir eine kurze Pause einzulegen, aber irgendwie finden wir nichts ansprechendes, sodass wir entscheiden bis nach Lampata weiterzugehen, wo wir bereits vor einigen Tagen übernachtet haben.


Shabi empfängt uns mit einem Grinsen im Gesicht und wir erzählen von unseren Erlebnissen inmitten der Bergrutsche. Über uns fliegen heute viele Hubschreiber. Zum Teil um die jetzt abgeschiedenen Dörfer mit Nahrung zu versorgen, aber auch um Menschen zurückzubringen. Ich kann nicht verstehen, dass trotz des Unwetters der letzten Tage so viele, vorallem Einheimische, in diese Richtung aufbrechen. Das Verständnis von Risiko und Gefahr ist jedenfalls ein völlig anderes. Für die Menschen hier ist es wahrscheinlich normal, dass über Nacht ganze Jeeppisten abrutschen. Es ist aber keinesfalls normal dass das auch im Oktober, nach der Regenzeit, noch passiert.


Wir essen in Ruhe zu Mittag und erkundigen uns nach dem weiteren Weg hinab. Auch hier gab es wohl einige Erdrutsche, sodass wir teilweise einen anderen Weg nehmen müssen als wir hinauf gewandert sind. Gegen ein Uhr ziehen wir weiter und wandern zurück zum Stausee. Die Straße ist voll mit Geröll, dass auf dem Hinweg noch nicht da war. Wir sind immer noch schockiert wie schnell sich die Wegbedingungen hier ändern können. Wir treffen zwei Deutsche, die uns fragen wieso wir zurückgehen. Wir erzählen ihnen von dem Unwetter. Sie hatten es bereits in Deutschland in den Nachrichten gesehen und sind demnach erst seit ein paar Tagen in Nepal. Schlechtes Timing dieses Jahr. Da es der einzige Weg ist denke ich aber, dass er bald wieder instand gesetzt wird. Für die Einheimischen nichts neues, aber eben ungewöhnlich für diese Jahreszeit.


Bis nach Ngadi sind es nur noch wenige Kilometer, sodass wir schon um drei an unserem Etappenziel ankommen. Die Gastgeberin bietet uns das Zimmer sogar umsonst an, sofern wir hier essen, da momentan so wenig Touristen kommen. Hoffentlich entspannt sich die Lage bald wieder. Auch sie war zur gleichen Zeit unterwegs wie wir uns wir tauschen uns über die Wegverhältnisse aus. Gut dass wir umgekehrt sind. Wir bringen unsere Rucksäcke aufs Zimmer und gönnen uns unseren ersten Kaffee seit einer Woche. Als ich meine Schuhe ausziehe wundere ich mich wieso der linke so dunkel eingefärbt ist. Der gesamte Schaft ist voll mit Blut! Ich hatte gar keine Wunde oder Blase bemerkt. Das war sicherlich wieder ein Blutegel. Mein Verdacht bestätigt sich, als ich meinen Fußknöchel genauer betrachte. Mistviecher. Ich wasche das Blut aus meinen Socken und stelle mich schonmal auf nasse Füße morgen früh ein. Unser Zimmer ist ganz in Ordnung, aber mal abwarten was die Nacht so bringt - wir sind immer noch etwas traumatisiert von der Riesenspinne in unserer ersten Nacht im Dschungel.
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