Nepal, Annapurna Circuit - Etappe 1: Lampata
- Kim
- 17. Okt. 2021
- 5 Min. Lesezeit
Nepal, Annapurna Circuit - Etappe 1
von Besihara nach Lampata
➙ 16,3km ➚ 619hm ➘ 35m
Nachts fängt es plötzlich an in Strömen zu regnen und zu gewittern, sodass wir beide wach werden. Das gesamte Zimmer ist immer wieder hell erleuchtet. Ich zähle bis zum Donner. Das Gewitter ist genau über uns. Ich bin so froh in einem gemütlichen, wenn auch einfachen Bett zu liegen. Als der Regen nachlässt schlafen wir zum Glück schnell wieder ein. Gegen sechs geht unser Wecker, da wir für halb sieben Frühstück bestellt haben. Es gibt tibetanisches Brot mit Marmelade, welches leicht süßlich und frittiert ist. Geschmacklich erinnert es an frittierte Minidonuts. Dazu eine Portion Bratkartoffeln mit Gemüse und ein Masala Tee. Lecker!
Wir machen uns fertig, packen unsere Rucksäcke und cremen uns mit Sonnen- sowie Mückenschutz ein. Gegen acht brechen wir auf. Etwas später als geplant, sodass wir den Wecker morgen vielleicht schon um halb sechs stellen.

Am Ortsende von Besisahar geht es rechts einige Stufen zum Fluss hinunter. Durch den gestrigen Regen sind die Stufen so glatt, dass wir aufpassen müssen nicht auszurutschen. Am Wegesrand stehen Bananenbäume, die von riesigen Spinnen besiedelt werden. Gut dass wir nicht zelten!


Den Fluss queren wir über eine einfache kleine Stahlbrücke. Ein einheimisches Mädchen fragt uns nach Schokolade und hat Glück - wir haben noch ein Snickers von unserer Tagesration gestern übrig! Das erste Stück führt uns noch über die Jeeppiste. Mehrere Jeeps überholen uns und fragen, ob sie uns mitnehmen sollen. Da wir genügend Zeit haben möchten wir den Annapurna Circuit aber komplett von Besisahar nach Nayapul laufen. In 21 Etappen und einem Reservetag liegen noch 236 Kilometer und 10160 Höhenmeter vor uns. Dabei werden wir den Thorong La Pass mit 5416 Meter queren. Am Wegesrand arbeiten mehrere Frauen. Sie zerkleinern mit Hammer und Meißel händisch große Felsen zu kleineren Kieselsteinen, um die Straße auszubessern. Was für eine mühselige Arbeit, kaum vorstellbar.


Nach einem kleinen Dorf wechseln wir dann auf den Wanderweg, der uns einige Stufen hinaufführt. Wir haben eine herrliche Aussicht auf die grün und gelb leuchtenden Reisfelder im Tal. Der Weg ist angenehm einfach zu gehen, einzig die Hitze macht uns beim Aufstieg etwas zu schaffen. An die tropische, feuchte Luft müssen wir uns erstmal gewöhnen. Der Schweiß tropft uns von der Stirn. Nach wenigen Minuten queren wir unsere erste Hängebrücke. Etwas wacklig, aber viel besser als gedacht. Man darf sich nur nicht so auf die Höhe und den reißenden Fluss unterhalb konzentrieren und eher nach vorn als nach unten schauen. Wir kommen immer wieder ein kleinen Wohnhäusern vorbei, dessen Besucher uns freundlich grüßen. Ab und an halten wir etwas Smalltalk. Erstaunlich wie gut die Menschen hier Englisch sprechen.

In einer Kurve an einem kleinen Wasserfall machen wir nach zwei Stunden eine kurze Pause und füllen unser Wasser auf. Wir haben uns vorgenommen diesmal besser darauf zu achten ausreichend zu trinken. Vorallem in größeren Höhen unverzichtbar. Also trinken wir bei jedem absolviertem Kilometer etwa ein großes Glas. Durch die unzähligen Grillen ist es im Dschungel unglaublich laut. Überall fliegen bunte Schmetterlinge umher und einige unbekannte Insekten queren unseren Weg.


Die nächsten vier Kilometer geht es leicht bergab ins Dorf Bhulbhule. Auf dem Weg fängt es leicht an zu regnen, aber uns ist so warm, dass unsere dicken Regenjacken keine Option sind. Moment mal, wir haben uns doch für die Sonne extra noch Schirme gekauft! Wir können ihn so am Brustgurt befestigen, dass wir sogar noch beide Hände frei haben. Definitiv eine gute Investition!

Gegen Mittag kommen wir in Bhulhule an und finden direkt ein kleines Restaurant am Straßenrand in dem wir beschließen Mittagspause zu machen. Wir bestellen zum ersten Mal den Klassiker Dal Bhat, ein einfaches Alltagsgericht der nepalesischen Küche bestehend aus Linsensuppe, Reis und Gemüse der Saison. Schmeckt und macht satt!

Nach einer Stunde machen wir uns wieder auf den Weg und folgen der Jeeppiste. Ich höre einen Podcast über Buddhismus bis wir zu einem riesigen Wasserfall kommen. Wow, das hatten wir heute garnicht erwartet! Davor versammeln sich ein paar nepalesische Touristen, die uns wieder mit großen Augen anschauen. Wir gehen fast bis an den Wasserfall heran, aber leider ist beim letzten Stück die Brücke kaputt. Der Anblick ist dennoch gigantisch! Auf dem Rückweg sprechen uns die Mädchen an und wollen ein Selfie mit uns machen. So viel Aufmerksamkeit sind wir garnicht gewohnt, aber natürlich willigen wir ein. Kurzerhand sind wir Nebendarsteller eines TikTok Videos :D, verrückt!


Die nächsten Kilometer begleitet uns ein kleiner, freundlicher Hund, der offensichtlich Lust auf einen Spaziergang mit uns hat. Er läuft voraus, als wolle er uns sein Territorium zeigen und wartet auf uns wenn wir Fotos schießen. Nach etwa einer Stunde queren wir das nächste kleine Dörfchen, in dem wir eine kurze Rast einlegen und uns für 100 Rupien (umgerechnet 70 Cent) eine Cola gönnen. Wir liegen gut in unserem Tagesbudget, sodass es in größeren Höhen auch ruhig etwas teurer werden kann. Während auf einer Bank verschnaufen werde ich von zwei Jungs aus dem Bus fotografiert. Liegt es an unserer Herkunft oder an meiner kurzen Hose? Ich bin nicht sicher, aber eine Sache weiß ich - mit langer Hose halte ich es bei fast 30 Grad und einer Luftfeuchtigkeit von gefühlt 100 Prozent leider nicht mehr aus. Ich habe aber nicht das Gefühl, dass man mich deshalb blöd anschaut. Die Menschen die uns begegnen sind alle sehr freundlich und grinsen uns zu. Während unserer Pause folgt dann die zweite TikTok Einlage mit zwei Mädchen, ich glaube diesmal bin aber nicht ich die Hauptattraktion ;)



Wir haben unser Tagesziel schon fast erreicht, aber da es noch so früh ist entscheiden wir noch etwas weiter zu gehen. Wir kommen an einem großen Stausee vorbei und wechseln dann wieder auf den Trekkingpfad, der uns die letzten 190 Höhenmeter für heute hinauf nach Lampata führt.


Für 400 Rupien (umgerechnet 2,86€) kehren wir in einem kleinen bunten Guesthouse mit tollem Ausblick ein. Die Zimmer sind wie erwartet einfach ausgestattet. Eine halb offene Hütte, zwei Betten, kein Licht, aber dafür WiFi. Wie in den Teehäusern üblich gibt es eine Gemeinschaftstoilette mit „Hockklo“. Am Anfang etwas gewöhnungsbedürftig, aber hygienetechnisch eigentlich garnicht so verkehrt. Die Dusche ist leider kalt, sodass ich heute mal noch drauf verzichte und hoffe morgen Abend eine warme zu ergattern.
Zum Abendessen gibt es wieder Dal Bhat, ganz nach dem Motto „Dal Bhat Power, 24 Hour“. Es ist die üppigste und zugleich günstige Speise auf der Karte. Der Nachschlag ist sogar inklusive! Alles wird lokal nur wenige Meter neben uns angebaut. Wie erwartet wieder köstlich!

Nach dem Essen schreibe ich noch ein wenig bis ich laut aufschrecke. Eine riesige Spinne! Und mit riesig meine ich wirklich riesig. Fast so groß wie meine Hand mit einem richtigen Körper. Eine Art Spinne, die nicht mehr einfach mit nem Stück Klopapier getötet werden kann. Eine Spinne mit Lebensbalken. Wir eilen beide zur Tür und versuchen die Spinne im Auge zu behalten, aber sie ist so schnell, dass es uns fast nicht gelingt. Sie rennt von einer Zimmerecke in die nächste und krabbelt dann wieder hinaus. Puh. Ich hoffe ich kann jetzt noch schlafen bei dem Gedanken heute Nacht nochmal besucht zu werden.
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