Indien, Udaipur - Kulinarische Lehrstunden bei Shashi
- Kim
- 30. Dez. 2021
- 3 Min. Lesezeit
Der Wecker klingelt gefühlt viel zu früh. Ich bin noch todmüde und seit der Fahrt mit dem Nachtzug irgendwie aus dem Rhythmus. Hilft aber alles nichts, heute steht viel auf dem Programm! Das Frühstück muss leider ausfallen, da wir genügend Hunger für den Kochkurs später mitbringen sollen. Also springe ich direkt unter die Dusche und wir machen uns auf den Weg in die Stadt.

Pünktlich zur Öffnungszeit erreichen wir das Bagore-ki-Haveli, ein palastartiges Wohnhaus.


Das restaurierte Gebäude wurde im 18. Jahrhundert vom Premierminister Mewars erbaut und erstreckte sich über 138 Zimmer, die teils noch original eingerichtet und teils als Ausstellungsfläche dienen. Da wir die ersten Gäste heute sind, ist nichts los und wir können in Ruhe von Zimmer zu Zimmer schlendern und unzählige Exponate, Malereien und unter anderem den größten Turban der Welt bestaunen.


Die begrünten Höfe wechseln sich mit den verwinkelten engen Fluren im Innenraum ab, die uns unter anderem zur Waffenkammer führen. Die Schwerter, Dolche und raffinierte Handwaffen erinnern uns sofort an Assasin’s Creed. In der heutigen Zeit unvorstellbar, dass mit solchen Waffen tatsächlich mal gekämpft wurde.


Nach dem Besuch des Haveli machen wir uns auf den Weg zur Kochschule, wo schon eine Autorikscha auf uns wartet. Da wir der dritte Kochkurs seit zwei Jahren sind und die Kochschule wohl zu eingestaubt ist, fahren wir zu unserer Lehrerin nach Hause. Überraschender Weise sind wir sogar nicht die einzigen Teilnehmer. Ein nettes Pärchen aus Frankreich bzw. Belgien leistet uns Gesellschaft. Shashi, unsere Lehrerin für heute, empfängt uns in ihrer Küche und wir lernen nach ein wenig Smalltalk die erste Lektion: Masala Tee.


Wer leer getrunken hat wird direkt eingeteilt. Als nächstes steht Pakora auf dem Programm, frittiertes Fingerfood mit Koriander und Mango Chutney. Köstlich und ein willkommener Snack für unsere schon knurrenden Mägen. Eigentlich war der Kochkurs nur für zwei Stunden angesetzt, aber dann holt Shahsi die Kochschürzen raus - jetzt gehts erst richtig los!
Abwechselnd mörsern, brutzeln und rühren wir unter strenger Aufsicht unserer Küchenchefin, die uns ganz schön auf Trapp hält. Wir kochen Auberginen Curry, den Klassiker Paneer Butter Masala und Pulao, ein Gemüsecurry mit Reis. Es brodelt in so vielen Pfannen und Töpfen gleichzeitig, dass man sich das alles garnicht merken kann. Gut, dass wir die Rezepte zusätzlichen noch in Papierform bekommen.


Nach dem Kochen gehts ans große Backen. Wir bereiten den Teig für Naan und Chapati vor. Beides sind Brotfladen. Naan wird aus Weizenmehl und Joghurt hergestellt und Chapati aus Vollkornmehl und Wasser - also die gesündere Alternative. Zusätzlich bereiten wir noch zwei weitere Varianten zu: Aloo Parantha, ein mit Kartoffeln gefülltes Chapati und ein süßes Parantha mit Kardamom und Kokosflocken. Jeder kommt mal dran und abwechselnd kneten, rollen, backen und wenden wir die duftenden Brotfladen. Uns läuft schon das Wasser im Mund zusammen…


Wir setzen uns gemeinsam an den Tisch und betrachten unser gemeinsames Meisterwerk. Wow, ein voller Erfolg! Gut, dass wir nicht gefrühstückt haben ;) Es schmeckt köstlich und wir schlagen uns allesamt ordentlich die Bäuche voll. Gut, dass uns eine Autorikscha zurück in die Stadt bringt.


Im Gegensatz zum Morgen ist die Stadt nun laut und chaotisch. Wir schlängeln uns mit dem Tuk Tuk in Höchstgeschwindigkeit durch die Scharen von hupenden Rollern, schlendernden Kühen und drängelnden Passanten. Das letzte Stück zum Stadtpalast müssen wir zu Fuß zurücklegen, da wir im dichten Verkehr nicht weiterkommen.



Vom Palast aus hat man immer wieder tolle Ausblicke auf die Stadt, aber die Menschenmassen, verderben uns den Besuch etwas. Die Gänge und Flure sind so eng, dass wir teilweise ewig warten müssen. Und trotzdem schafft es immer wieder jemand sich dreister Weise eng an uns vorbei zu drängeln. Wir hatten gehofft so spät am Nachmittag wäre weniger los, aber die Stadt ist voll mit indischen Touristen. Nach dem sechsstündigen Kochkurs bin ich nicht mehr ganz so aufnahmefähig und etwas genervt vom Gedrängel. Die wunderschönen Gemächer sind es aber dennoch wert sich das noch anzutun. Trotzdem bin ich froh, als wir das endlos lange und labyrinthartige Museum hinter uns haben.



Auf dem Rückweg suchen wir noch einen Geldautomaten, bleiben aber leider erfolglos. Der eine existiert nicht, der andere reagiert nicht und der letzte funktioniert nicht. Na klasse. Zum Glück haben wir gerade noch genug Bargeld um unsere Unterkunft zu bezahlen. Erschöpft kommen wir zurück und packen noch schnell unsere Rucksäcke. Morgen geht es schon sehr früh weiter, sodass wir unseren Wecker auf halb vier stellen. Erschöpft von den vielen Eindrücken heute fallen uns direkt die Augen zu.
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