Indien, Ranthambhore National Park - Auf der Suche nach Shir Khan
- Martin
- 28. Dez. 2021
- 4 Min. Lesezeit
Der Wecker geht um halb sechs aber ich werde durch den Regen, der auf das Blechdach prasselt, eine Stunde früher wach. Wie erwartet fallt unsere Safari damit wohl, im wahrsten Sinne des Wortes, ins Wasser. Also sie wird wahrscheinlich stattfinden, aber wir werden wohl sehr nass werden. Unmotiviert kämpfen wir uns aus dem Bett und packen uns in dünne Regenjacke die wir zum Glück mit dabei haben.
Wie vereinbart gehen wir um sieben zur Lobby. Gestern hieß es ein Mitarbeiter wartet dort auf uns und gibt uns Details zu der Abholung. Wir treffen einen anderen Angestellten, den etwas verpeilten, und er sagt uns, dass wir schon mal zur Straße gehen sollen. Wir laufen die ca. 500 Meter über den matschigen und unebenen Weg und warten im Regen auf unsere Abholung. Nach zehn Minuten meldet sich der Chef unseres Hotels und fragt warum wir im Regen stehen. Wir sollen doch bitte in der Lobby warten. Etwas genervt laufen wir zurück zur Unterkunft und bestellen uns einen Tee.
Um viertel vor acht ist es dann endlich soweit. Ich bekomme eine SMS mit einer Telefonnummer und einer vierstelligen Zahl. Was ich damit anfangen soll weiß ich allerdings nicht. Dieses mal werden wir sogar zur Straße gefahren und können uns den kleinen Marsch sparen. Auf der anderen Straßenseite wartet ein Canter auf uns. Jetzt weiß ich auch was die Nummer zu sagen hat. Es ist die Zahl auf dem Nummernschild des Lasters. Wir steigen ein und teilen uns den 20-Sitzer mit acht weitern Gästen.
Der Anfang der Tour ist die selbe Strecke wie gestern. Wir folgen zunächst der holperigen Straße zum Fort. Dort machen wir einen kurzen Halt und der Guide erklärt uns etwas über den Park. Zwanzig Prozent der Fläche sind nur zugänglich und wir werden heute einen kleinen Teil davon sehen. Der Park ist in mehrere Zonen eingeteilt, wir werden in Zone drei fahren, welche als eine der besten Zonen gilt und somit die Chance einen Tiger zu sehen hoher ist. Wenn es nur nicht so regnen würde!


Wir betreten die Zone durch ein uraltes und mit den umliegenden Bäumen verschlungenes Tor. Kurz dahinter halten wir an einem See und können die ersten Tiere beobachten. Auf einem Baum in der Mitte des Gewässers sitzen unzählige große Vögel und um die kleine Insel sehen wir ein Krokodil schwimmen. Also immerhin die Nasenlöcher.

Auf der anderen Straßenseite laufen zwei Pfaue auf dem Boden, allerdings haben wir davon mittlerweile soviel gesehen, dass es uns schon nicht mehr von den Socken haut.

Beeindruckender ist da ein ziemlich großer Adler, der seelenruhig auf einem Baum direkt neben uns sitzt.

Als wir auf der anderen Seite des Sees ankommen machen wir Halt neben eine Gruppe von zwei Dutzend Rehen. Sie lassen sich nicht von uns stören und grasen genüsslich weiter. Auf der weiteren Fahrt bekommen wir noch zwei Wildschweine und weitere Hirsche zu sehen.




Wir fahren weiter in den Park hinein und der Weg steigt leicht an. Nach nur wenigen Metern beginnen die Räder des Canters durchzudrehen und das ganze Fahrzeug rutsch mit dem Heck hin und her. Der Fahrer gibt sein bestes und der Guide steigt immer wieder aus um Äste zu sammeln und diese unter die Reifen zu legen. Leider vergebens.

Wir werden aufgefordert uns auf die hinteren Plätze zu begeben um mehr Gewicht auf die Hinterachse zu bekommen. So schaffen wir zwar eine kleine Strecke aber bleiben weiter stecken. Nun müssen alle männlichen Gäste, vier an der Zahl, aussteigen und schieben. Jetzt fühle ich mich ein wenig wie bei Jurassic Park. Irgendetwas dummes passiert ja immer und einer wird gefressen. Außerhalb des Canters schaue ich mich immer wieder um ob ein gefräßiger Tiger um uns herum schleicht.

Wir sammeln mehr Äste und Gras und verteilen es auf der gesamten Strecke vor dem Auto. Mit vereinten Kräften drücken wir das Fahrzeug voran aber es gräbt sich immer wieder im lehmigen Boden ein. Nach einer gefühlten Ewigkeit kommt von der anderen Seite ein weiteres Fahrzeug entgegen. Der Fahrer übernimmt unser Steuer und unser Fahrer hilft uns schieben. Im knöchelhohen Dreck stehen nun sechs Leute, teils mit Flipflops, und drücken was das Zeug hält. Der Aushilfsfahrer drückt auf die Tube und lässt die Kupplung rauchen. Endlich setzt sich das Gefährt im Bewegung und schafft es auf den Scheitelpunkt der Kuppel. Die ganze Aktion hat uns eine ganze Stunde unserer Zeit gekostet. Da sich die Fahrer wahrscheinlich an eine Zeitplan halten müssen und der Canter für eine Nachmittagstour verplant ist, kehren wir nach dieser abenteuerlichen Aktion wieder um und machen uns zurück zum Parkeingang. Zwei indischen Männern gefällt das ganz und garnicht und sie diskutieren lautstark mit dem Guide und dem Fahrer. In der Nähe des Forts halten wir wieder an und die beiden Männer steigen aus und legen Beschwerde in einem kleinen Büro ein. Na ob das was bringt?
Gegen elf Uhr sind wir wieder zurück am Hotel. Wir sollen uns telefonisch melden, damit wir an der Straße abgeholt werden. So nass und matschig wie wir sind verzichten wir auf diesen Service und laufen zurück. Wir bekommen wie versprochen unser Frühstück serviert und wärmen uns danach erst einmal unter einer heißen Dusche auf. Den Rest des Tages verbringen wir auf unserem Zimmer und verlassen es nur zum Essen. Die letzte Nacht haben wir das Hotel Zimmer nur gebucht, damit wir tagsüber noch eine Bleibe haben, da unser Zug heute Abend um dreiundzwanzig Uhr fährt. Bevor wir mit dem Taxi zum Bahnhof fahren haben wir noch die angehäuft Rechnung des Hotels zu begleichen. Und diese fällt, zu unserem Überraschen, niedriger aus als angenommen. Na immerhin.
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