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Georgien, Western Svaneti - Etappe 1: Kichkhuldashi

  • Autorenbild: Kim
    Kim
  • 10. Sept. 2021
  • 4 Min. Lesezeit

Georgien - Western Svaneti - Etappe 1

Shdikhiri nach Kichkhuldashi

➙ 16,3km ➚ 1255hm ➘ 500hm


Unser Wecker geht wie gehabt um 6 Uhr, damit wir noch genügend Zeit haben in Ruhe zu packen. Gegen 8 fährt uns der Besitzer zum Trailhead unterhalb von Nakra. Anschnallgurte? Fehlanzeige. Wir sind froh, dass er relativ ruhig fährt und ich klammer mich beim Blick in die Schlucht rechts von mir am Türgriff fest. Die Hauptstraße sieht eher aus wie eine kleine Landstraße und windet sich die Berge hinauf. Immerhin ist sie zweispurig und ist mit Leitplanken bestückt. Nach etwa 40 Minuten sind wir da und steigen an einer verkommenen Bushaltestelle aus. Wir wechseln die Straßenseite und beginnen unseren heutigen Aufstieg. Die nächsten Tage werden definitiv hart. Mindestens 1000 Höhenmeter pro Tag. Zum Glück steigt das Gelände zunächst nur leicht an bis Nakra. Wir folgen einer Dirtroad und treffen einige Arbeiter, die eine Pipeline bauen.


In Nakra angekommen suchen wir uns ein schattiges Plätzchen unter einem Baum und gönnen uns einen Snack. Ich muss meine Füße kurz verarzten, da ich mir einige Blasen gelaufen habe. Nur eine Minute allein schon kommt ein Dorfbewohner zu mir und spricht mich auf Georgisch oder Russisch an. Leider verstehe ich nichts. Ich glaube er bietet mir etwas zu Essen an. Als ich sage, dass ich aus Deutschland komme hebt er die rechte Hand. Ich bin froh als wir wieder zu zweit sind und weitergehen. Der war mir nicht ganz geheuer.


Wir durchklettern ein Tor über die Brücke und wandern in den Wald hinauf. Es ist das erste Mal, dass wir Probleme haben den Weg zu finden. Obwohl oder grade weil es hier zivilisierter ist gibt es mehrere Pfade nach oben. Ab und an müssen wir umkehren oder ein kleines Stück querfeldein laufen. Schattiger Wald und sonnige Wiesen wechseln sich ab. Es ist der erste richtig heiße Tag und wir beschließen schon kurz vorm Pass Mittag zu machen, da uns nach so vielen Höhenmetern in der Hitze die Energie ausgeht. Unser Wasser müssen wir rationieren. Auf der Karte waren zwar Quellen eingezeichnet, aber hier finden sich höchstens ein paar Tropfen fließendes Wasser. Daneben leere Benzinkanister.



Wieder einigermaßen gestärkt geht es noch die letzten Höhenmeter zu einem kleinen Dorf hinauf. Hier hat man wirklich das Gefühl in einer anderen Zeit zu sein. Das Gras wird händisch mit Sensen geschnitten, eine Kuschte fährt auf dem Weg unter uns vorbei. Unseren Weg kreuzen Kühe, Schweine und Hunde. Die Gebäude sind teilweise nur noch Ruinen.



Wir können unser Endziel schon sehen. Nur noch zum Fluss hinab, den Berg wieder hinauf und dann wartet laut Trailnotes eine kleine bewirtschaftete Hütte bzw. Guesthouse auf uns. So schön so gut. So zäh und anstrengend. Steil geht es durch den Wald den Hang hinab. Am Fluss angekommen finden wir eine aus Ästen und dünnen Stämmen improvisierte Brücke vor. Die richtige Brücke liegt kaputt am Ufer. Da ich nach dem heißen Tag und der Anstrengung keine Lust mehr auf einen Balanceakt habe ziehe ich mir die Wasserschuhe an und furte den Fluss. Die Strömung ist nicht allzu stark, sodass es einfach nur gut tut die Füße etwas abzukühlen.



Auf der anderen Seite angekommen wandern wir ein kurzes Stück weiter durch den Wald bis wir einen weiteren Flusslauf kreuzen. Wir laufen einige Meter flussaufwärts und suchen den Pfad. Durch den Regen wurde dieser so weggespült, dass wir das andere Ufer hinauf klettern müssen. Davon war in den Trailnotes keine Rede. Wir hatten heute „einfache“ Wege erwartet und sind mittlerweile ganz schön erschöpft. Durch den Wald geht es weiter hinauf bis wir auf ein steiles Geröllfeld stoßen. Da gehe ich nicht rüber. Nie im Leben. Zum Glück findet sich etwas weiter oben ein weiterer Pfad dem wir um das Geröllfeld folgen. Fast. Am oberen Ende stoßen wir wieder darauf und müssen es etwa zehn Meter queren. Der Weg ist in Ordnung, aber der Blick nach unten nicht. Augen zu und durch. Wie immer vergessen wir grade diese Stellen zu dokumentieren und mal ein Foto zu machen. Grade bei nicht so einfachen Passagen ist man aber so konzentriert, dass das so ziemlich das letzte ist woran man denkt.



Der weitere Weg zur Hütte verläuft wieder auf einfachen schmalen Wanderwegen. Die Sonne knallt uns ins Gesicht. Völlig außer Atem kommen wir in Kichkhuldashi an und laufen direkt auf die Hütte zu vor der ein Georgier und zwei Engländer stehen. Praktisch, die Engländer sprechen Russisch, sodass wir uns mit den Hüttenwarten verständigen können. Keine Frage, hier essen und übernachten wir heute. Die Hausherrin führt uns eine hölzerne und knatschende Treppe zu unserem Zimmer hinauf. Klassisch und ländlich eingerichtet, schräger Boden, das Licht funktioniert nicht. Etwas unheimlich, aber dennoch irgendwie charmant. Die Aussicht ist jedenfalls grandios!



Das Abendessen ist umwerfend. Der Tisch ist voll gedeckt und das Essen würde allemal für acht anstatt vier Leute reichen. Es gibt verschiedene Brote, Khachapuri, Käse, Tomatensalat, einen würzigen Bohneneintopf und dazu Chacha (sehr hochprozentiger Schnaps, meist aus Trauben, in diesem Fall aus Äpfeln gebrannt). Wir bedienen uns an der Tafel und nehmen immer wieder Nachschlag. Es ist uns den Engländern gegenüber fast unangenehm wie ausgehungert wir zuschlagen, aber es schmeckt einfach unglaublich gut.



Die zwei sind echt nett und wir unterhalten uns den Abend über gut. Sie wohnen momentan in Tiflis und kennen sich in Georgien sehr gut aus, sodass sie uns einige Tipps geben. Nicht im Wald schlafen. Sie sind heute noch einem Bären auf der Wanderung hierher begegnet. Aggressiven Schäferhunden gegenüber selbstbewusst auftreten und mit erhobener Hand an ihnen vorbeilaufen. Wir gehen unsere weitere Tour innerlich durch. Schlafen wir immer oberhalb der Baumgrenze? Kommen noch viele Shepherd Huts? Ohje.



Wir gehen hoch in unser Zimmer und schalten die Stirnlampe ein. Wir freuen uns auf ein richtiges Bett und ich nehme die Wolldecke herunter. Eine riesige Spinne läuft über meine Bettdecke. Wir nehmen die Matratzen hoch und eliminieren noch einige von ihnen. Wir hören noch ein wenig Hörbuch, da gibt es einen kleinen Knall. Wir schalten das Licht an. Die Schranktür steht etwas offen. Lässt sich vielleicht dadurch erklären, dass Boden und Wände schräg sind. Wir schalten das Licht wieder aus. Die ganze Nacht über verstecke ich mich unter meiner Decke. Teilweise hört es sich an als wäre ein Nager in der Wand oder auf dem Dach. Eine gruselige Nacht.




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