Georgien, Tobavarchkhili Lake - Etappe 4: Tobavarchkhili Lake
- Kim
- 7. Sept. 2021
- 4 Min. Lesezeit
Georgien - Tobavarchkhili Lake - Etappe 4
vom Okhoje Lake über den Tobavarchkhili Lake ins Tal
➙ 12,8km ➚ 637hm ➘ 1120hm
Endlich mal richtig gut geschlafen. Perfekte Temperatur, kaum wach geworden, viel geträumt. Trotzdem kommen wir morgens immer relativ schlecht raus. Zu warm und kuschelig ist es im Schlafsack und zu nass und kalt draußen. Ich öffne die Zelttür und blicke auf den See, dahinter eine spektakuläre Wolkenfront die vom Tal hinauf zieht. Ich bin direkt wach, schnappe mir Kamera und Stativ und starte ein Zeitraffer. Währenddessen trinken wir in Ruhe Kaffee, frühstücken, füllen unsere Wasservorräte auf und packen. Startklar.

Zunächst geht es am Seeufer entlang. Die Wolken und Nebelschwaden der Täler sind heute so spektakulär, dass die Umgebung jedes Mal anders aussieht wenn man beim Laufen mal kurz den Kopf hebt. Vor der Talstufe checken wir das Navi und wechseln nochmal die Richtung. Wir müssen nicht rechts, sondern links am Berg vorbei. Wir finden den Pfad schnell wieder und steigen immer weiter über mit Gras durchsetze Felsen hinauf.

Wir erreichen eine kleine Hochebene mit atemberaubenden Blick zurück. Wir können durch die wechselnde Wolkenfront zwar nicht alles erkennen, aber sind froh im Gegensatz zu gestern wieder etwas Weitsicht zu haben. Wir können unser nächstes Ziel, den östlichen Toba Pass mit einer Höhe von 2902 Metern, schon sehen. Es geht über ein Schneefeld hinauf, was relativ einfach zu queren ist. Danach wird der Weg immer steiniger, stellenweise von Eis durchsetzt. Es geht steil hinauf. Der Boden ist so rutschig, dass man bei jedem Schritt hinauf wieder einen halben hinab rutscht. Wir kämpfen uns Meter für Meter hinauf.

Oben angekommen werden wir mit einer spektakulären Aussicht belohnt. Der Himmel klärt sich auf, die Berge leuchten in grün, orange und braunen Farben. Kurz danach können wir einen Blick auf den Tobavarchkhili Lake erhaschen, der im Kontrast dazu in einer ganzen Reihe von Blautönen leuchtet. Je nach Licht kann man bis zum Grund schauen. Wow!



Wir entscheiden uns nicht ganz zum Tobavarchkhili Lake abzusteigen, sondern die Höhe in etwa zu halten. Am Hang entlang steigen wir etwa hundert Höhenmeter auf den nächsten Pass hinauf, von dem wir nochmal einen letzten Blick auf den See werfen. Ab jetzt geht für den Rest des Tages bergab. Da wir schon seit drei Stunden fast ununterbrochen unterwegs sind entscheiden wir nach dem ersten kleinen Abstieg auf einer Zwischenebene am Didi Ghele Lake Mittagspause zu machen. Wir sitzen abwechselnd in den Wolken und in der Sonne, genießen die Wärme und stärken uns für den weiteren Abstieg.

In steinigen Serpentinen geht es hinab. Der Untergrund ist stellenweise so locker, dass man immer mal wieder leicht den Halt verliert, dennoch ist der Pfad deutlich besser als erwartet. Nach einigen kleinen Rutschpartien erreichen wir einen weiteren See, den Kailashi Lake, der (mit etwas Fantasie) die Form eines Herzens hat.

Der Nebel zieht wieder auf und verdeckt uns die Sicht. Wir steigen zum Wasser hinab, füllen unsere Flaschen auf und verschnaufen kurz. Die ersten richtigen Höhenmeter bergab machen sich in meinem rechten Knie bemerkbar. Gegenüber vom See wandern wir wieder ein Stück bergauf über einen kleinen Bergrücken zu einer Gabelung. Die Wegweiser sind teilweise so kaputt, dass es den Anschein macht als wäre hier ewig niemand mehr gewesen. Bis auf den Russen mit Pferden haben wir niemanden auf dieser Tour getroffen. Der Trail gehört uns.

Es sind noch etwa vierhundert Höhenmeter bis zum Tal. Die Serpentinen wollen einfach nicht enden. Bis auf kleine Sichtfenster haben wir keine Ahnung wie die Umgebung aussieht in die wir hinabsteigen. An einer Felswand müssen wir etwas am Flusslauf entlang kraxeln, der Pfad ist aber nie so ausgesetzt, dass Höhenangst ein Problem wäre. Dennoch ist es kräftezehrend auf den losen Steinen immer mal wieder etwas wegzurutschen. Endlich bricht die Wolkendecke auf und wir sehen die umgebenden Berge. Wir nutzen die Chance, setzen die Rucksäcke ab und verweilen kurz auf einer kleinen ebenen Fläche am Hang. Die Berge sind gigantisch. In der Ferne entdecken wir zwei winzige schwarze Punkte, die sich bewegen. Menschen? Sie laufen in dieselbe Richtung wie wir. Laut Trailnotes gibt es heute nur eine Möglichkeit zu Zelten bevor man zum nächsten Pass aufsteigt. Dort werden wir sie sicherlich treffen.

Im Tal angekommen wartet die erste Furt auf uns. Der Einsieg ist etwas steil, die Strömung schnell aber gut machbar, da das Wasser nicht sonderlich tief ist. Es ist unglaublich kalt, aber es tut gut die Füße nach so vielen Schritten mal abzukühlen.

Der Weg wird nun immer mehr von riesigen Pflanzen überwachsen. Zusammen mit dem Nebel hat man manchmal das Gefühl auf einem anderen Planeten zu sein.


Bis zum Zeltplatz müssen wir uns noch durch zwei kleine Waldstücke kämpfen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Sie sind so zugewachsen, dass man richtig Kraft aufwenden muss, um die Äste wegzudrücken. Wir sind heilfroh, dass immerhin der Pfad am Boden erkennbar ist. Sonst wäre hier kein Durchkommen.


Endlich an der Lichtung angekommen begrüßen wir unsere Nachbarn, die grade ihr Zelt aufbauen. Zwei Belgier. Wir schauen uns erst noch in der Umgebung nach weiteren Zeltplätzen um, werden aber nicht fündig, sodass wir unser Lager heute oberhalb der anderen etwas abschüssig am Hang aufstellen müssen. Es ist schön mal etwas Gesellschaft zu haben und sich über den Trail austauschen zu können. Wir sind wohl nicht die einzigen, die nur langsam vorankommen.

Es ist unglaublich wie viele Sterne man hier so abseits von der Zivilisation sehen kann. Die erste klare Nacht.

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